Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke Doel 4 und Tihange 3: Nuklear-Knowhow, strengste Sicherheitsanforderungen und minutiöse Inspektionen
Die Arbeiten für eine zehnjährige Laufzeitverlängerung von Doel 4 und Tihange 3 untergliedern sich in drei Hauptphasen:
- Ausgiebige Sicherheitsuntersuchungen
- Überprüfung und Austausch von Komponenten
- Modernisierungsarbeiten
Entsprechend der mit der belgischen Regierung getroffenen Vereinbarung wird Electrabel alles daransetzen, um die Kraftwerke Doel 4 und Tihange 3 im November 2025 wieder in Betrieb nehmen zu können.
Electrabel und seine Partner, darunter auch unser Planungsbüro Tractebel, verfügen über die erforderlichen Kompetenzen und die Erfahrung, um dieses Projekt sicher und effizient umzusetzen. Dies konnten wir in der Vergangenheit bereits mit den Laufzeitverlängerungen bei Tihange 1 und Doel 1 und 2 unter Beweis stellen. Darüber hinaus überwacht die Föderalagentur für Nuklearkontrolle (FANK) die gesicherte Durchführung des Projekts unter Einhaltung der nuklearrechtlichen Bestimmungen.
Ausgiebige Sicherheitsuntersuchungen
Der Gesetzgeber schreibt für Kernkraftwerke alle zehn Jahre eine periodische Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) vor. Anschließend werden die Ergebnisse dieser Sicherheitsuntersuchungen von der Aufsichtsbehörde FANK eingehend überprüft. Die sich daraus ergebenden potenziellen Modernisierungsmaßnahmen müssen innerhalb eines Zeitrahmens von drei Jahren umgesetzt werden. Erst nach Genehmigung dieses Berichts darf der Betrieb der Anlage für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren fortgeführt werden.
Die Kernkraftwerke Doel 4 und Tihange 3 wurden 1985 in Betrieb genommen. Seinerzeit wurde von einer Betriebsdauer von mindestens 40 Jahren (d. h. bis 2025) ausgegangen. Um die beiden Kernkraftwerke für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren (wir nennen dies Long Term Operation oder LTO) betreiben zu dürfen, ist ein Periodic Safety Review (PSR-LTO) erforderlich. Dabei handelt es sich um eine systematische Bewertung der Nuklearsicherheit der Blöcke im Hinblick auf deren Laufzeitverlängerung. Zunächst wird der Zustand der Systeme, Strukturen und Komponenten der Anlagen eingehend untersucht. In der Praxis bedeutet dies, dass bestimmte Komponenten präventiv ersetzt bzw. neue Systeme installiert werden, um auch den neuesten Sicherheitsstandards gerecht zu werden.
Der Betreiber übermittelt der Aufsichtsbehörde einen summarischen Prüfungsbericht. Dieser Bericht identifiziert für alle sicherheitsrelevanten Bereiche die Abweichungen zwischen dem Ist-Zustand der Anlage und den geltenden Vorschriften für Nuklearsicherheit. Er umfasst zudem eine Bewertung und die eventuelle Begründung für akzeptable Abweichungen. Der Bericht enthält auch eine Liste der durchzuführenden Korrekturmaßnahmen und Verbesserungen der Sicherheit sowie deren detaillierte Planung.
Überprüfung und Austausch von Komponenten
Sobald Doel 4 und Tihange 3 abgeschaltet sind, unsere Techniker ihre Arbeit aufnehmen. In innerhalb einiger Wochen werden die Kraftwerke einer ersten gründlichen Wartung unterzogen. Wir überprüfen die Komponenten und ersetzen sie, falls nötig. Dabei werden alle Systeme eingehend getestet und die alten Brennelemente durch neue ersetzt.
Für Tihange 3 wird dies während der bereits geplanten Überholung von Anfang April 2025 bis Anfang Juli geschehen. Doel 4 wird bis zu seinem 40. Jahrestag am 1. Juli in Betrieb bleiben. Bis zum 1. November wird auch diese Einheit wieder in Betrieb genommen.Es gilt, diese Arbeiten bereits Monate im Voraus gründlich vorzubereiten. Soweit möglich, nehmen wir bereits jetzt Proben und testen bestimmte Elemente. Aus Zeitgründen müssen bestimmte Komponenten lange im Voraus bestellt werden. Dabei handelt es sich oft um sehr spezifische Systeme, die extrem hohen Anforderungen genügen müssen. Für die Überholungsarbeiten ist die Mitwirkung spezialisierter Fachbetriebe unverzichtbar, auch sie sind bereits derzeit mit ihren Planungsarbeiten befasst.
Nach Abschluss der Überholung erfolgt die Abnahme durch die FANK. Erst wenn diese ihr grünes Licht gibt, dürfen die Anlagen wieder in Betrieb genommen werden.
Modernisierungsarbeiten
Weitere Modernisierungsarbeiten werden jeweils im Sommer der Jahre 2026, 2027 und 2028 durchgeführt. Auf diese Weise wird eine maximale Verfügbarkeit in den Wintermonaten sichergestellt. Wenn alles nach Plan verläuft, werden alle Arbeiten bis Ende 2028 abgeschlossen sein. Dies entspricht den Erwartungen der Föderalagentur für Nuklearkontrolle.
Doel 4 und Tihange 3 sind Kernkraftwerke des Bautyps Pressurized Water Reactor, wobei es sich um eine der robustesten und sichersten Bauweisen handelt. Auf der Grundlage weltweiter Erfahrungen und neuer Technologien werden diese Kernkraftwerke ständig verbessert, um Störfälle zu vermeiden und deren Auswirkungen weiter zu verringern.
Diese Konstruktionsänderungen bzw. Design upgrades haben sich international durchgesetzt. In Absprache mit der FANK prüft Electrabel, welche Anpassungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation vorzunehmen sind. Dabei werden das Alter der Anlage, die bereits durchgeführten Modernisierungsarbeiten, der Standort der Blöcke u. v. m. berücksichtigt.
Für Doel 4 und Tihange 3 sind für die kommenden Jahre einige größere Arbeiten geplant. Ersten Analysen zufolge handelt es sich unter anderem um:
- den Ersatz der Turbinensteuerung
- den Austausch bestimmter Motoren und elektrischer Schalttafeln
- den Ersatz von -Messsystemen
- Arbeiten an den Kühltürmen
- den Austausch der Primärpumpendichtungen durch ein neueres Modell
- …
Derzeit ist der endgültige Umfang der durchzuführenden Modernisierungsarbeiten Gegenstand eingehender Analysen.
Enges Zeitfenster
Rund 300 Mitarbeiter von Electrabel, Tractebel und anderen Unternehmen arbeiten in Vollzeit daran, alle Untersuchungen abzuschließen und die Arbeiten vorzubereiten. Auch die belgische Behörde für Nuklearsicherheit FANK ist bereits eng eingebunden.
Darüber hinaus kommt auch der Regierung eine wichtige Aufgabe zu. Die Aufrechterhaltung des Betriebs der Kernkraftwerke nach 2025 erfordert unter anderem mehrere Gesetzesänderungen. Die Gründung des neuen Gemeinschaftsunternehmens (50 % ENGIE und 50 % belgische Regierung), das Eigentümer der verlängerten Kernkraftwerke sein wird, erfordert ebenfalls Anstrengungen von beiden Partnern. Schließlich muss auch die Europäische Kommission dem Abkommen zwischen der belgischen Regierung und ENGIE zustimmen. Die dafür notwendigen Schritte werden derzeit eingeleitet.
Unsere Aufgabe
Seit Jahrzehnten stehen wir mit unserem Knowhow für den Betrieb und die Sicherheit unserer Kernkraftwerke ein. Damit konnten wir einen Beitrag zur stabilen Energieversorgung unseres Landes leisten. Mit den gleichen professionell hohen Standards gehen wir auch die Wiederinbetriebnahme und die Laufzeitverlängerungen für Doel 4 und Tihange 3 an. Sicherheit, Verantwortungsbewusstsein und die Sorge um Mensch und Umwelt sind die Leitlinien unseres Engagements.