Stilllegung der Kernkraftwerke Doel und Tihange: ein industrielles Großprojekt, bei dem Sicherheit an erster Stelle steht
Die Stilllegung der Kernkraftwerke Doel und Tihange wird ein sehr großes Industrieprojekt in Belgien sein. Als Betreiber von Kernkraftwerken ist Electrabel dafür verantwortlich, dieses Projekt auf sichere, sozialverträgliche und umweltfreundliche Weise zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
Das Projekt besteht darin, das gesamte radioaktive Material sicher aus den Anlagen zu entfernen und das Gelände für neue Zwecke freizumachen. Es handelt sich um ein anspruchsvolles, innovatives Projekt, das unter Einhaltung strenger Sicherheitsverfahren durchgeführt wird.
Wir werden dieses Projekt als Nuklearprofis durchführen, wie wir es beim Betrieb unserer Kernkraftwerke immer getan haben.
Lizenzen
Die von Electrabel während der letzten Abschaltphase eines Kernkraftwerks durchgeführten Tätigkeiten sind durch die Betriebsgenehmigung abgedeckt. Der Genehmigungsrahmen (Sicherheitsbericht und technische Spezifikationen) entwickelt sich mit dem Zustand der Anlagen weiter. Bevor Electrabel mit der Stilllegung beginnt, muss sie eine Stilllegungsgenehmigung von der Föderalen Agentur für nukleare Sicherheit einholen. Regionale Genehmigungen werden auch für den Bau neuer Abfall- und Materialbehandlungsanlagen an den Standorten beantragt.
Europäische Erfahrungen und favorisiertes Szenario für Belgien
Die in Doel und Tihange für den Rückbau der Kernkraftwerke verfolgte Vorgehensweise fußt auf den Richtlinien der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) sowie auf den Erfahrungen mit anderen Anlagen, die derzeit stillgelegt werden oder bereits stillgelegt wurden, dazu zählen Obrigheim, Neckarwestheim, Mühleberg, Fessenheim, Ringhals und José Cabrera.
Diese Erfahrungen helfen uns dabei festzulegen, wie wir die verschiedenen Phasen der Stilllegung und des Rückbaus angehen. Dies gilt auch für die Zwischenlagerung der verbrauchten Brennelemente.
Darüber hinaus können wir auf die Erfahrungen aus der Stilllegung des Kernreaktors BR3 im belgischen Kernforschungszentrum (SCK) in Mol zurückgreifen.
In Belgien bevorzugt die Föderale Agentur für Nuklearkontrolle das Szenario des so genannten "sofortigen Rückbaus". Dieses Szenario der sofortigen Stilllegung sieht vor, dass die gesamte Radioaktivität so schnell wie möglich aus den Anlagen entfernt wird, um eine optimale Sicherheit für Mensch und Umwelt zu gewährleisten. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Stilllegung von Fachleuten geleitet werden kann, die die Anlagen seit Jahren betrieben haben und sie daher in- und auswendig kennen, was ebenfalls der nuklearen Sicherheit zugute kommt.
Verantwortungsvolle Abfallwirtschaft
Beim Rückbau eines Kernkraftwerkes fällt Abfall an. 98 % sind konventionelle Abfälle (Beton und Metalle), diese werden so weit wie möglich recycelt. Der verbleibende radioaktive Abfall wird sortiert, aufbereitet und verpackt, bevor er zur (Zwischen-)Lagerung verbracht wird. Je nach Art des Abfalls geschieht dies vor Ort oder bei Belgoprocess.
Neben dem Recycling setzt Electrabel auch auf die Kreislaufwirtschaft: Anlagen, die noch in anderen Kernkraftwerken oder Unternehmen genutzt werden können, werden für diesen Zweck zur Verfügung gestellt.
Finanzierung
Seit 1975 hat Electrabel kerntechnische Rückstellungen gebildet, um die Kosten für den Rückbau und die Endlagerung radioaktiver Materialien zu decken. Die Rückstellungen werden von Synatom unter der Aufsicht der Kommission für nukleare Vorsorge verwaltet, die sich ihrerseits auf die Empfehlungen der ONDRAF/NIRAS stützt.
In regelmäßigen Abständen erfolgt eine Überprüfung dieser Rückstellungen für die Stilllegung der Kernkraftwerke unter Berücksichtigung der aktuellen Wirtschaftsdaten, des technischen Fortschritts und der regulatorischen Änderungen.
Am 13. Dezember 2023 haben ENGIE und die belgische Regierung eine Vereinbarung unterzeichnet, in dem die Bedingungen für die Verlängerung der Kernkraftwerke Doel 4 und Tihange 3 festgelegt sind. Diese Vereinbarung zielt darauf ab, die Risiken zwischen den beiden Parteien auszugleichen und Unsicherheiten über die Entwicklung der Bestimmungen im Zusammenhang mit der Entsorgung aller nuklearen Abfälle zu beseitigen. So wurde vereinbart, einen Pauschalbetrag für die künftigen Kosten im Zusammenhang mit der Entsorgung nuklearer Abfälle auf der Grundlage eines neuen, von ONDRAF/NIRAS ermittelten Szenarios für alle kerntechnischen Anlagen von ENGIE in Belgien in Höhe von insgesamt 15 Mrd. Euro festzulegen.
Wirtschaftliche Chancen des Rückbaus
Der Rückbau der Kernkraftwerke bietet auch bestimmte wirtschaftliche Chancen für belgische und internationale Unternehmen. In den ersten 10 bis 15 Jahren nach der Abschaltung eines Kraftwerkes liegt der Schwerpunkt auf spezifischen nuklearen Aktivitäten: Entfernung radioaktiver Bestandteile, Verarbeitung radioaktiver Stoffe und Dekontaminierung von Strukturen. Diese Aktivitäten werden von den bestehenden Kernkraftwerksteams durchgeführt, ergänzt durch spezialisierte Nuklearunternehmen. In der Zwischenzeit müssen auch neue Anlagen für die Materialwirtschaft gebaut werden. Es folgt der konventionelle Abbruch, der sich so weit wie möglich auf die Rückgewinnung, das Upcycling und das Recycling von Materialien konzentriert.
Der Umfang einer Ausschreibung für die großen Rückbauprojekte übersteigt oft die Möglichkeiten eines einzelnen Unternehmens. Die internationale Erfahrung beim Rückbau anderer Kraftwerke zeigt auch, dass Projekte in der Regel an ein Konsortium von Unternehmen vergeben werden, die zusammenarbeiten, um ein qualitativ hochwertiges und wettbewerbsfähiges Angebot zu unterbreiten. Wir raten Unternehmen daher dringend, potenzielle Synergien bereits mit Blick auf die bevorstehenden Chancen zu prüfen.
Bei der Auftragsvergabe halten wir uns an die Ausschreibungspolitik der ENGIE-Gruppe.
Haben Sie als Unternehmen konkrete Fragen diesbezüglich? Möchten Sie uns Ihre Fähigkeiten und Erfahrungen in Rückbau präsentieren? Oder möchten Sie zu zukünftigen Informationsveranstaltungen über Kommunikation für Unternehmen eingeladen werden? Bitte kontaktieren Sie uns über unser Kontaktformular.